Kreuz auf Monte Scherbelino

Lebensreise – Glaubensreise

Zwei verschiedene Lebenslinien

Letzte Woche bin ich zufällig auf ein schon etwas älteres Video gestoßen, in dem ein junger Mann davon erzählt, wie er zum Glauben kam. Etwa bei Minute 2:00 spricht er davon, dass er sich als Jugendlicher nach einem Alkoholkoma gefragt hat, was eigentlich der Sinn des Lebens ist. Da dachte ich, daran könnte ich doch eigentlich anknüpfen und dir mal wieder etwas aus meinem Leben erzählen und wie ich eigentlich zum Glauben gekommen bin. 🙂

Im Gegensatz zu Martin bin ich nicht in einem gläubigen Elternhaus aufgewachsen und war als Kind nur dann in der Kirche, wenn jemand getauft oder beerdigt wurde oder mein Kinderchor am Krippenspiel teilnahm. Trotzdem hatte ich mit meinen Eltern das Ritual, immer dasselbe Gebet vor dem Schlafengehen zu sprechen, das mich auch später noch oft beruhigt hat, wenn ich Angst hatte. Außerdem fand ich die Geschichten aus dem Religionsunterricht meist ganz spannend und habe auch daran geglaubt, dass sie wirklich passiert sind.

Erst aus dem Konfirmandenunterricht habe ich dann den Gedanken mitgenommen, dass dieser Jesus, an dessen Existenz ich ja irgendwie schon geglaubt hatte, auch heute noch etwas mit unserem Leben zu tun haben könnte. Dass er lebt und mein bester Freund sein will, klang für mich erst wie „eine dieser typischen frommen Phrasen“ und auch eher wie etwas, das man vielleicht in der Kinderkirche hört, aber für Erwachsene irrelevant ist. Trotzdem dachte ich, wenn ich jetzt schon daran glaube, dass das, was die Bibel über Jesus erzählt, wahr ist, dann sollte ich diesem Glauben auch Konsequenzen folgen lassen. Also versuchte ich insbesondere drei Dinge, die mir damals als besonders wichtig für den Glauben erschienen: die Bibel lesen, den Gottesdienst besuchen und zu meinem (neuen) Glauben stehen.

Gescheitert?

Diese drei Dinge gelangen mir aber nicht wirklich. In der Bibel kam ich, trotz intensivem Lesens in den Sommerferien, nicht über den 3. Mose hinaus. Zu allem, was ich damals komisch oder unverständlich fand, hatte ich mir meine Fragen aufgeschrieben, aber getraute mich nicht, sie irgendwem zu stellen. In den Gottesdienst ging ich nach der Konfirmation nur noch ein einziges Mal und weil ich da ganz alleine in einer Kirchenbank saß, wagte ich es nicht noch einmal. Und nur gegenüber einer Freundin brachte ich den Mut auf, ihr von meinen neuen „Erkenntnissen“ zu erzählen. Was ich allerdings aus der Konfirmandenzeit mitnahm, war das Gefühl, dass Gott in meiner Nähe ist und sich für mich interessiert. Daher fing ich nun auch wieder an, abends im Bett zu beten, diesmal aber mit meinen eigenen Worten. Immer wieder gab es während meiner Schulzeit Phasen, in denen ich stärker auf der Suche nach Gott war und mir im Internet Dinge über den Glauben durchlas oder Lobpreismusik auf YouTube anhörte. Zum Ende der Schullaufbahn ließ das jedoch etwas nach, bis ich dann, gleich zu Beginn des Studiums, meinen heutigen Mann kennenlernte.

Durch die Liebe zum Glauben - oder andersherum?

Als ich Matthias zum ersten Mal sah, trug er ein WWJD-Armband, das, wie ich damals dachte, eine Art Erkennungszeichen für gläubige Christen war. Das interessierte mich und ich dachte mir, vielleicht ist das jetzt endlich mal jemand, der mir erklären kann, was es eigentlich wirklich mit dem Glauben auf sich hat. An Erklären hatte er allerdings erstmal kein so großes Interesse. Stattdessen nahm er mich mit zu seiner Jugendgruppe, in der offen und frei über Gott, den Glauben und die Bibel geredet wurde und wirklich jede Art von Fragen willkommen war. Das war für mich schon sehr neu und anders, aber trotzdem fühlte ich mich sehr wohl und willkommen in der Runde und ich blieb dabei. In dieser Zeit gelang mir etwas, an dem ich in der Konfirmandenzeit gescheitert war: jeden Morgen einen kurzen Bibeltext zu lesen. Dazu musst du wissen, dass ich wirklich kein Morgenmensch bin und als ich es als Konfirmandin versucht hatte, war ich jedes Mal dabei eingeschlafen. Jetzt klappte es aber plötzlich. Mithilfe eines Bibelleseplans lasen wir alle jeden Tag einen kurzen Text und tauschten uns einmal pro Woche darüber aus. Außerdem las ich in dieser Zeit noch weitere Bücher und beschäftigte mich intensiv damit, ob ich denn den christlichen Glauben für glaubwürdig halten könnte. Besonders das Buch Pardon ich bin Christ von C. S. Lewis hat dabei einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen, um mal wieder eine weitere Buchempfehlung abzugeben. 🙂

Verliebt

Diese Zeit war für mich in doppeltem Sinne eine Phase der Verliebtheit – zum einen hatte ich gerade meinen ersten Freund kennengelernt, in den ich natürlich total verliebt war. Zum anderen war ich aber Jesus begegnet und das, was ich für ihn empfand, glich diesem Gefühl und war sogar noch größer. Nun erlebte ich eben doch das, was ich zur Konfirmandenfreizeit als fromme Phrase abgetan hatte – nämlich dass Jesus lebt. Zwar nicht mehr als Mensch und direkt greifbar, aber trotzdem irgendwie nahe, in mir drin, näher als mir ein Mensch überhaupt je kommen könnte. Das hat meinem Leben irgendwie eine vollkommen andere Perspektive und Bedeutung gegeben. Ich war auch vorher nicht unzufrieden oder unglücklich gewesen, aber jetzt schien es mir so, als hätte ich die ganze Zeit mit einem Schwarz-Weiß-Filter auf der Linse gelebt, den plötzlich jemand entfernt hätte. Dadurch tat sich für mich eine ganz neue, viel buntere, reichere Welt auf.

Von Verliebtheit zu Liebe

Diese Hochphase der Verliebtheit hielt in etwa zwei Jahre, immer wieder begleitet durch kleinere Auf- und Abs, Zweifel und Ungewissheiten, aber im Großen und Ganzen wusste ich, dass ich jetzt zu Jesus gehöre und war sehr glücklich mit diesem neuen Leben. Spannend war es außerdem auch noch. Nicht nur war so vieles wirklich neu für mich, ich musste/durfte mich auch alten Verletzungen stellen, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Dinge, die ich längst als abgehakt angesehen hatte, kamen plötzlich wieder in mir hoch und machten mir das Leben schwer – so lange, bis ich sie mir gemeinsam mit Jesus anschauen, mir die Verletzung eingestehen und sie Schritt für Schritt verarbeiten konnte. Rückblickend kann ich sagen, dass diese Zeit der „Verliebtheit mit Jesus“ wirklich eine ganz besondere Zeit war, sehr intensiv, sehr berührend, herausfordernd und gleichzeitig hatte ich mich noch nie so sehr geliebt und so stark gefühlt, wie in dieser Zeit. Das war toll. Da war plötzlich diese ganz neue Freude, die irgendwie einfach so aus meinem Herzen zu sprudeln schien und mir ganz viel Kraft und Zuversicht gab.

Irgendwann kühlte sich die Euphorie aber ein bisschen ab. Nicht, dass ich nicht immer noch intensive Gespräche mit Jesus im Gebet führen durfte, nicht, dass ich nicht immer noch spannende Momente mit ihm erlebte. Aber es kehrte wieder ein bisschen mehr Alltag in mein Leben ein, wenn man das so sagen kann. Besonders als ich alleine nach Stuttgart zog, wo ich überhaupt keinen Menschen kannte, lernte ich, den ganzen Tag über in Kontakt mit Gott zu stehen, dass ich ständig mit ihm reden und ihn immer wieder auch in kleinen, alltäglichen Dingen um Rat fragen konnte. Und ich lernte das erste Mal das Konzept einer Gemeinde richtig kennen. Ja, mit Matthias war ich schon häufig in verschiedenen Gottesdiensten gewesen, aber einer Gemeinde hatte ich mich bisher noch nicht wirklich zugehörig gefühlt. Jetzt erlebte ich, wie schön es ist, sich in eine Gemeinschaft von ganz unterschiedlichen Menschen einzubringen, die eigentlich nur das eine so richtig verbindet: ihren Glauben an Jesus Christus. Dadurch, dass ich in der Jugendarbeit etwas von meinem Glauben weitergeben sollte, musste ich mich immer wieder neu damit auseinandersetzen. Die Beschäftigung mit Jesus führte dazu, dass ich ihn immer besser kennen- und immer tiefer lieben lernte. Auch das war eine schöne und lehrreiche Zeit.

Monte Scherbelino, Stuttgart

Liebe pflegen im Alltag

Die Beziehungsphase, in der ich mich seither mit Jesus befinde, könnte man eigentlich mit der Ehe vergleichen. Die Verliebtheit war aufregend und spannend, die ersten Ehejahre sehr erfüllt und glücklich und danach galt es, treu zu bleiben und die Beziehung zu pflegen. Doch wie macht man das, wenn die Gefühle längst nicht mehr so stark sind, wie noch zu Anfang? Wie macht man das, wenn man sein Gegenüber so langsam so gut zu kennen meint, dass nicht mehr jedes Gebet oder jedes Bibellesen zu einem neuen Aha-Effekt oder einer überraschend schönen Entdeckung führt? Was kann man tun, damit die Kraft der Liebe nicht im Alltagstrott untergeht und man sich immer wieder neu verliebt? Ganz ehrlich: Darauf habe ich selbst noch keine sichere und vor allem lange erprobte Antwort gefunden (siehe auch meinen ersten Blogbeitrag). Vielleicht kann mir dazu ja jemand einen Kommentar schreiben, der schon länger mit Gott lebt oder verheiratet ist, als ich es bin. 🙂

Gerade denke ich, vielleicht muss auch manches einfach zur Gewohnheit werden, zu etwas, was so selbstverständlich zu meinem Alltag dazugehört, dass ich gar nicht mehr darüber nachdenken muss und es vermissen würde, wenn ich es nicht tun würde. So wie das Bibel lesen jeden Morgen für mich z.B. unbedingt dazugehört. Auch wenn ich darauf an vielen Tagen nicht wirklich Lust habe, greife ich jeden Morgen nach dem Aufwachen schon beinahe automatisch zu meiner Bibel. Und oft genug werde ich dann auch belohnt und entdecke in einem altbekannten Vers doch etwas Neues, das mir bisher noch nicht aufgefallen war, jetzt aber genau in meine Situation zu sprechen scheint. Genauso ist es auch mit dem Gottesdienst jeden Sonntag. Eigentlich ist beinahe jedes Mal etwas dabei, das mich anspricht, sei es in der Predigt, in den Liedern oder in einem Gespräch mit einem anderen Gemeindemitglied. Vielleicht müsste ich noch mehr solche Gewohnheiten einführen.

So aufregend die Verliebtheitsphase war, entdecke ich doch auch in der jetzigen Phase eine gewisse Schönheit. Es scheint alles nicht mehr so einfach und klar zu sein, wie vielleicht noch zu Beginn, häufig hinterfrage ich Dinge, die mir am Anfang noch als selbstverständlich erschienen. Aber ich nehme an, dass so etwas auch nötig ist, damit mein Glaube an Reife gewinnen kann und hoffe, dass ich nie endgültig die Lust daran verliere, Gott immer noch näher kennen- und immer noch tiefer lieben zu lernen.

Und wo steckt jetzt der Sinn in dem Ganzen?

… Das könntest du dich (zurecht) fragen. Wird die Sinnfrage durch den Glauben beantwortet? Mir ging es bisher nicht so, sonst bräuchte ich diesen Blog ja nicht. Bevor ich Jesus kennenlernte, hätte ich auf die Frage danach, worin ich den Sinn meines Lebens sehe oder was ich gerne im Leben erreichen möchte, vielleicht geantwortet, glücklich zu sein, etwas zu bewirken oder neu zu kreieren und positiv zum Leben vieler Menschen, insbesondere meiner Familienmitglieder und Freunde beizutragen. So arg viel hat sich daran eigentlich seither nicht geändert. Trotzdem geht es mir schon lange (auch als Teenie schon) immer wieder so, dass ich gerade in den glücklichen Phasen, in denen ich super dankbar für mein tolles Leben bin, nach dem Sinn frage. Irgendwie scheint es gerade dann, wenn es in meinem Leben richtig gut läuft, ein kleines, aber penetrantes Stimmchen in meinem Herzen zu geben, das sagt „Super, jetzt hast du eigentlich alles, was du braucht, um vollkommen zufrieden zu sein. Aber ist das wirklich schon alles? Gibt es nicht noch ein bisschen mehr?“ und ich habe das Gefühl, dass mir irgendwas noch fehlt, auch wenn ich es nicht benennen kann. Irgendwie scheine ich mehr zu brauchen als nur meine persönliche Lebenserfüllung, mein eigenes Glück.

Manchmal denke ich dann, das liegt daran, dass ich zu wenig zum Glück anderer Menschen beitrage. Ich bin mir sicher, dass es sehr erfüllend sein kann, sein eigenes Glück mit anderen zu teilen, anderen etwas Gutes zu tun, ihnen zu helfen. Aber ich glaube (zugegebenermaßen ohne es versucht zu haben), dass ich mir die Sinnfrage selbst dann noch stellen würde, wenn ich mich hauptamtlich für ein humanitäres Hilfswerk engagieren oder in Vollzeit kranke Menschen pflegen würde. Zumindest, wenn ich vor lauter Aktion überhaupt mal zum längeren Nachdenken käme. Bestimmt würde ich mich in den ruhigeren Momenten fragen, warum es so vielen Menschen so schlecht geht und ich so wenig dazu beitragen kann, das zu verändern. Der Sinn des Ganzen würde sich mir sicherlich auch dann nicht erschließen und ich würde immer wieder daran zweifeln, ob ich überhaupt das Richtige tue. Vielleicht wird sich die Frage nach dem Sinn ja für mich persönlich auch bis zum Ende meines Lebens nie so ganz beantworten. Aber mein Glaube schenkt mir eine neue Sicht darauf. Er gibt mir die Gewissheit, dass alles einen Sinn hat, auch wenn ich diesen jetzt noch nicht verstehe, und dass in der Ewigkeit einmal alles gut werden wird. Außerdem gibt er mir die Aufgabe, anderen davon zu erzählen, damit auch sie die Chance haben, Jesus kennenzulernen.

Die Reise geht weiter

Mehr kann ich dazu aktuell noch nicht sagen. Aber meine Reise zur Erkenntnis des Lebenssinns hört hier definitiv noch nicht auf. Ich wünsche mir, dass Gott mich dabei (wie Rend Collective im obigen Musikvideo singen) wie ein Leuchtturm leitet und hoffe, dass du mich auch weiterhin dabei begleitest! Ich freue mich, in einem Kommentar oder einer persönlichen Nachricht von deinen Gedanken, Erfahrungen und Erkenntnissen zu lesen.

Liebe Grüße
Deine Katrin

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